Chancen und Herausforderungen für den mittelständischen Augenoptiker

Die aktuellen Wirtschaftszahlen des Jahres 2014 in der Augenoptik-Branche bestätigen die Entwicklungen der vergangenen Jahre und unterstreichen die Herausforderung, vor der insbesondere die inhabergeführten Augenoptikbetriebe stehen. Der Gesamtumsatz der Branche ist erneut gestiegen: die 5,63 Milliarden Euro wurden von verschiedenen Marktteilnehmern erwirtschaftet und müssen demzufolge auch aufgegliedert betrachtet werden. Beim Vergleich der Umsatz-Entwicklungen von mittelständischen Betrieben, Filialbetrieben und Onlinehandel wird deutlich, dass die Filialbetriebe auch 2014 wieder zugelegt haben und der - zwar mit satten Prozentpunkten wachsende - Onlinehandel noch immer eine vermeintlich unbedeutende Rolle in der Branche spielt. 
 
Insgesamt schloss die Augenoptik das Jahr 2014 positiv ab, doch der Trend aus 2013, dass die inhabergeführten Betriebe zugunsten der Filialisten Marktanteile verlieren, setzte sich fort. Durch die zu beobachtende Umverteilung der Brillenkäufe vom mittelständischen Fachgeschäft zum Filialbetrieb, haben sich neben dem Trend zum Mehrbrillenkauf auch teilweise Preisrückgänge beim Brillenkauf bemerkbar gemacht. Der Umsatz der stationären Augenoptiker insgesamt ist um 2,7 Prozent gegenüber 2013 auf 5,416 Milliarden Euro angewachsen, die Stückzahl der verkauften Brillen ist dabei um 200.000 (plus 1,7 %) auf 11,5 Millionen gestiegen. Entsprechend ist auch die Zahl der verkauften Brillengläser 2014 nochmals um 1,5 Prozent auf 35,89 Millionen gewachsen. Zusätzlich wurden online 650.000 Brillen verkauft, was einem Umsatz mit Brillen aus dem Internet von 210 Millionen Euro und einem Plus von 27 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. 
 

40,1 Millionen Erwachsene in Deutschland tragen eine Brille

 
Die steigende Zahl der verkauften Brillen und Brillengläser (stationär und online zusammen 12,15 Millionen Stück) ist insofern bemerkenswert, weil die Zahl der Brillenträger in Deutschland laut der vor einigen Wochen veröffentlichten aktuellen Allensbach-Brillenstudie seit Beginn dieses Jahrtausends stabil geblieben ist. 40,1 Millionen Erwachsene (ab 16 Jahre) tragen eine Brille, davon 22,5 Millionen ständig. Während langfristig die Zahl der Brillenträger in den vergangenen sechs Jahrzehnten gewachsen ist, gibt es aktuell nur in der Altersgruppe der 21- bis 29-Jährigen ein Plus zu verzeichnen - 2014 trug beinahe jeder Dritte dieser Altersgruppe (32 %) eine Brille.
 
Jedoch werden immer weniger Brillen in einem inhabergeführten Augenoptik-Fachgeschäft gekauft, das Plus kommt vor allem durch die steigenden Stückzahlen bei den Filialisten zustande. Anders sieht das bei der Versorgung der Bevölkerung mit Kontaktlinsen aus. Rund fünf Prozent der Menschen in Deutschland tragen Kontaktlinsen - entweder im Wechsel mit einer Brille oder ständig. Diesen 3,3 Millionen Fehlsichtigen steht nahezu exakt dieselbe Anzahl ehemaliger Kontaktlinsenträger gegenüber, die derzeit aus unterschiedlichen Gründen nicht mit Kontaktlinsen versorgt werden, grundsätzlich aber zu den potenziellen Kontaktlinsenkunden zu zählen sind. Insgesamt steigt das Interesse an Kontaktlinsen, und das wiederum ist auf das Engagement der mittelständischen Betriebe zurückzuführen. Schließlich wächst auch der Anteil formstabiler Kontaktlinsen am Gesamtverkauf (2014: 6,9 % laut GfK), deren Anpassung weitaus aufwändiger ist. 
 

Fachkräftemangel in der Augenoptik

 
Die Zahlen der Augenoptikbetriebe (von 12.000 auf 11.950) und der in der Augenoptik beschäftigten Menschen (minus 200 auf 48.700) sind 2014 in Deutschland leicht zurück gegangen. Ebenso gibt es etwas weniger Auszubildende, die den Gesundheitsberuf derzeit erlernen. Die 6025 Lehrlinge - rund 73 Prozent davon sind Frauen - werden als Berufsnachwuchs in der Branche dringend benötigt, denn nicht nur die seit Jahren immens niedrige Arbeitslosenzahl (März 2015: 660) macht auf einen Fachkräftemangel aufmerksam. Auch die vom Zentralverband der Augenoptiker (ZVA) durchgeführte und aktuelle Onlineumfrage macht deutlich, dass es an qualifiziertem Personal mittlerweile mangelt. So konnten 61 Prozent der befragten mittelständischen Betriebe im vergangenen Jahr freie Stellen nicht adäquat besetzen. Weniger Probleme bereitet hingegen der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn, der zwar einen erhöhten organisatorischen Aufwand bedeutet, aber das Lohngefüge nicht belastet. 
 
Die Umfrage beschäftigte sich unter anderem auch mit dem Thema, wie der stationäre Augenoptiker sich auf die zunehmende Onlinekonkurrenz einstellt und wie sich das Kundenverhalten diesbezüglich entwickelt. 56 Prozent der Betriebe antworteten, dass es keine Zunahme der Kundenzahl gebe, die mit einer online gekauften Brille zur Anpassung, Korrektur oder Reparatur ins Geschäft kommen. Aber 64 Prozent gaben an, dass Kunden gelegentlich die preisgünstigen Onlineangebote im Verkaufsgespräch erwähnten. Laut Brillenstudie erwägen ohnehin nur sechs Prozent der Befragten zukünftig eventuell einen Brillenkauf im Internet, aktuell hatte nur ein Prozent Brillen online erworben. 
 
Die Preisgestaltung, das weitreichende Brillenfassungsangebot und die (fehlenden) Dienstleistungen im Onlinehandel mit Brillen werden immer wieder in der Presse behandelt. Zuletzt kam die „Stiftung Warentest“ zu dem Ergebnis, dass es weder beim Service noch bei der Qualität einen Unterschied zwischen den im Internet gekauften Brillen und jenen von ausgewählten Filialisten gebe. Aus Sicht des ZVA eine recht eigenwillige Interpretation des Testergebnisses, denn schließlich zeichnet den stationären Augenoptiker nicht nur die Beratung bei der Auswahl der optimalen Brillenfassung und der perfekten auf die Bedürfnisse des Fehlsichtigen zugeschnittenen Brillengläser aus. Vielmehr machen die vielen Dienstleistungen des Fachmannes erst das Produkt Brille aus; eine online gekaufte Brille ist weder anatomisch noch optisch korrekt auf den Träger angepasst!
 

Erster Ansprechpartner für das gute Sehen

 
Das Testergebnis zeigt aber auch, dass es dennoch möglich ist, online eine Brille zu kaufen, mit der der Kunde zufrieden ist. Für den stationären Augenoptiker bedeutet das, sich auf den zunehmenden Wettbewerb entsprechend einzustellen: Der Fachhandel muss sich nicht nur auf seine Stärken besinnen, sondern sich parallel auf die neuen Möglichkeiten einer digitalisierten Welt und den damit verbundenen geänderten Kaufgewohnheiten der Kunden einstellen. Der ZVA arbeitet mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) derzeit ein Berufslaufbahnkonzept aus, damit die Augenoptiker auch zukünftig einen Großteil zur Seh-Versorgung in Deutschland beitragen - nicht zuletzt durch die demographische Entwicklung wird diese Kompetenz noch stärker gefragt sein. „Mit optometrischen Dienstleistungen kann die Augenoptik die derzeitige Versorgung auf höchstem Niveau auch in der Zukunft aufrecht erhalten und sich gleichzeitig weiter vom reinen Handel abgrenzen. Wir werden den Berufsstand langfristig im Handwerk weiterentwickeln“, erklärt ZVA-Präsident Thomas Truckenbrod. Eine dieser Weiterentwicklungen ist die staatlich anerkannte Prüfung zum Optometristen HWK, deren bundesweite Gültigkeit der Verband weiter anstrebt. 
 
Zu den optometrischen Dienstleistungen rund um den Brillen- oder Kontaktlinsenkauf gehören etwa Sehanalysen, Augenprüfungen und andere Spezialisierungen. Die Augeninnendruckmessung, die Prüfung des Gesichtsfeldes und die Betrachtung des Augenhintergrundes gehören zum handwerklichen Berufsbild des Augenoptikers wie die Fertigung und die Abgabe von Brillen und Kontaktlinsen. Deswegen gehört zu den Zukunftsaufgaben und zur Abgrenzung nach wie vor das handwerkliche Können der Augenoptiker. „Wir haben Lösungsansätze für die Augenoptiker entwickelt, entscheidend bleibt aber auch, dass der Kunde sich von den Vorteilen des stationären Fachhandels überzeugen kann“, sagt Truckenbrod. 
 
Ein bekannter Vorteil des stationären Augenoptikers ist der Sehtest beziehungsweise die Augenprüfung, die zu Beginn eines jeden Brillenkaufes steht. Auch online ist ein Brillenkauf ohne die dafür notwendigen Werte für die Brillengläser unmöglich. Die Beteiligung an Augenprüfungen ist in Deutschland laut der Allensbach-Brillenstudie seit Jahren stabil, aktuell geben 72 Prozent der Befragten an, in den vergangenen drei Jahren hierzu einen Augenoptiker oder Augenarzt aufgesucht zu haben. Auffällig ist jedoch, dass sich Brillenträger und Nicht-Brillenträger in der mittleren Altersgruppe (40. bis 50. Lebensjahr) erheblich unterschiedlich an den Augenprüfungen beteiligen, was nicht zuletzt für die Sicherheit im Straßenverkehr von enormer Bedeutung ist. Bei den Brillenträgern in dieser Altersgruppe gehen 89 Prozent (40 bis 44-jährige Autofahrer) beziehungsweise 91 Prozent (45- bis 49-jährige Autofahrer) regelmäßig zur Augenprüfung. Bei den Nicht-Brillenträgern unter den Autofahrern sind dies nur 45 Prozent (40 bis 44 Jahre) beziehungsweise nur 33 (!) Prozent  bei den 45 bis 49-Jährigen. Nicht nur wegen dieser Zahlen befürwortet der ZVA mit Nachdruck den verpflichtenden Wiederholungssehtest für Führerscheininhaber, der im vergangenen Jahr auch endlich wieder Thema in wichtigen politischen Gremien geworden ist. 
 
Hinweis an die Redaktionen: 
 
Weitere Informationen zur Pressekonferenz, eine längere Fassung der Presseinformation, zusätzliches Fotomaterial und vertiefendes Infomaterial zu den Themen Onlinehandel, Wiederholungssehtest, Allensbach-Brillenstudie, ZVA-Onlineumfrage usw. erhalten Sie auf Anfrage unter der angegebenen Kontaktadresse.
Das Foto steht Ihnen rechtefrei zur Verfügung. Fotoangabe: ZVA
 
Bildunterschrift: ZVA-Präsident Thomas Truckenbrod (rechts) und ZVA-Geschäftsführer Dr. Jan Wetzel (Mitte) erläuterten bei der Jahrespressekonferenz des Zentralverbandes der Augenoptiker die aktuellen Branchenzahlen der Augenoptik.
 
Ihr Ansprechpartner für Rückfragen:
Zentralverband der Augenoptiker
Ingo Rütten
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Tel.: 0211/863235-0, Fax: 0211/863235-35
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15.04.2015

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