Positionspapier zum Wiederholungssehtest

71 % der deutschen Gesamtbevölkerung ab 16 Jahren und 69 Prozent der Kraftfahrer würden die Einführung eines Wiederholungssehtests begrüßen (Allensbach-Brillenstudie 2014 im Auftrag des Kuratoriums Gutes Sehen – KGS). 
 
In 18 EU-Mitgliedsstaaten gibt es – in unterschiedlicher Ausgestaltung – bereits die 
Verpflichtung zu einem regelmäßig wiederholten Sehtest. Der Berufsverband der Augenärzte (BVA) schätzt, dass etwa 300.000 Verkehrsunfälle pro Jahr durch mangelnde Sehleistung verursacht werden; als gesichert gilt laut BVA, dass jeder fünfte Autofahrer nachts Sehstörungen hat und 11,5 Prozent aller Verkehrsteilnehmer im Alter zwischen 50 bis 59 Jahren nachts nicht mehr fahrtauglich sind. Allgemein nimmt die Sehschärfe bei Dämmerung und Dunkelheit ab einem Alter von 50 Jahren ab. Gerade bei selbst wahrgenommenen Problemen empfiehlt es sich daher, zusätzlich zu einem klassischen Sehtest auch das Kontrastsehen und das Gesichtsfeld (beispielsweise mittels Amslertest) überprüfen zu lassen.
 

Sehtests zu selten wahrgenommen

In regelmäßig durchgeführten Befragungen zeigt sich immer wieder, dass die Minderheit der Nicht-Brillenträger in den jeweils vergangenen drei Jahren einen Sehtest durchführen ließ (siehe Grafik). Rund 59 Prozent der Autofahrer überschätzen zudem ihr Sehvermögen – insbesondere diejenigen, deren letzter Sehtest mehr als sechs Jahre zurückliegt (Studie von TNS Infratest und Apollo 2016). 
 
Seitdem der Modellversuch „Begleitetes Fahren ab 17“ ins Dauerrecht übertragen wurde, können Jugendliche außerdem bereits einen Monat vor Vollendung des 17. Lebensjahres die praktische Führerscheinprüfung ablegen. Deren Sehvermögen wurde demnach durch den Führerscheinsehtest geprüft, als sie 15 oder 16 Jahre alt waren (Sehtestbescheinigungen sind zwei Jahre gültig). 
 
 
 
Nachgewiesen ist aber, dass sich das Sehvermögen bei vielen Menschen zwischen dem 18. und 30. Lebensjahr ganz erheblich verschlechtert. Diese Verschlechterungen werden von den Verkehrs- teilnehmern selbst oft nicht wahrgenommen: Bei der „ADAC-Sehtestmobil-Tour“ 2014 zeigte sich nach 15.090 Sehtests an 170 Aktionstagen, dass jeder zweite Verkehrsteilnehmer mit einer unzureichenden Sehhilfe unterwegs war.
 
 

Nachlassende Sehfunktionen 

Die Unfallursachen bei von Senioren herbeigeführten Verkehrsunfällen deuten eher auf altersbedingte Einschränkungen der Wahrnehmungsfähigkeit als auf leichtsinniges Verhalten hin (Statistisches Bundesamt Verkehrsunfälle 2015 – Unfälle von Senioren im Straßenverkehr, S.11). Ab einem Alter von 60 Jahren lassen nachweislich folgende Sehfunktionen nach: Tagessehschärfe, Kontrastsehen und Dämmerungssehen. Zusätzlich erhöht sich im Alter die Blendempfindlichkeit. Risikofaktor Nummer eins für ältere Verkehrsteilnehmer sind die meist schleichend eintretenden und subjektiv oft nicht oder zu spät bemerkten gesundheitlichen Einschränkungen, die sich auf das Sehvermögen und die Reaktionsfähigkeit auswirken. 
 
Die meisten Unfälle ereignen sich in dieser Altersgruppe daher beim Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren, Ein- oder Ausparken sowie bei Vorfahrt oder 
Vorrang. Laut Statistischem Bundesamt (2015) sind auf den ersten Blick nicht viele Senioren über 64 Jahren an Unfällen mit Verletzten beteiligt (12,6 Prozent) – vor allem, wenn man bedenkt, dass diese Altersgruppe rund 20 Prozent unserer alternden Gesellschaft ausmacht. Aber: Senioren fahren seltener und weniger weite Strecken, was das Unfallrisiko pro gefahrenen Kilometer erhöht. Werden ältere Fahrer über 74 Jahre in einen Unfall verwickelt, tragen sie in drei von vier Fällen die Hauptschuld. So geraten ältere Fahrer immer wieder mit besonders tragischen Verkehrsunfällen in die Schlagzeilen. Dabei lassen sich beinahe alle Sehfehler und altersbedingten Sehschwächen gut mit Brille oder Kontaktlinsen ausgleichen – sofern sie denn bei einem Sehtest bemerkt werden.